Weihnachtsengel Guido
- Clowns im Einsatz
Zum Glück hat das Christkind jedes Jahr eine Vielzahl fleißiger Helferlein die ihm helfen all die Geschenke zur richtigen Zeit an den richtigen Ort zu bringen. Die kleinen Helferlein des Christkinds sind allesamt Engel, einer davon ist sogar ein ganz besonderes Exemplar: Guido. Guido ist ein so genannter Clown-Engel, soll heißen, dass er unterm Jahr ein Rote Nasen Clowndoctor ist und zusätzlich dazu dem Christkind an Weihnachten hilft Geschenke zu verteilen. Wenn, ja wenn, Weihnachtsengel Guido den Kalender richtig liest, was leider nicht immer ganz der Fall ist.
Vor drei Jahren vertat er sich im Monat, kam erst am 22. Jänner zum Christkind und fragte an, ob er helfen solle, vor zwei Jahren machte er sich erst am 28. Dezember bemerkbar und letztes Jahr, ja letztes Jahr…
Letztes Jahr war Weihnachtsengel Guido ganz besonders früh dran. Bereits Anfang Dezember erschien er vor der Himmelstüre und bot seine Hilfe an. „Guido, erst am 24. Dezember, am Heiligen Abend, dürfen wir die Päckchen ausliefern“, erklärte das Christkind seinem Clownengel, der eifrig nickte. „Gut, dann warte ich so lange hier bei dir bis es losgeht und helfe in der Weihnachtswerkstatt“, antwortete Guido. Gesagt, getan. Fleißig wie eine Honigbiene half Weihnachtsengel Guido beim Herstellen und Verpacken der Geschenke. Sogar als alle anderen Engel schon Feierabend hatten, arbeitete Guido munter weiter.
So vergingen Tage und Wochen bis er schließlich ein Päckchen in Händen hielt, das einem Wohn-, und Pflegeheim für Senioren in seiner Heimat zugestellt werden sollte. „Die kenne ich, die kenne ich“, hüpfte Weihnachtsengel Guido vor Freude herum. „Darf ich dieses Paket zustellen“, fragte er das Christkind, das milde lächelnd bejahte. „Jipiii!“, jubelte Guido und sauste sofort wie ein Wirbelwind davon. „Aber, Guido, stopp! Stehenbleiben, es ist doch noch nicht Heiliger Abend!“, riefen Christkind und Engelschar hinterher. Doch alles zu spät. Guido war schon über alle Wolken enteilt, zurück auf die Erde geflogen und machte sich nun zu Fuß auf den Weg ins Seniorenheim.
Keuchend und mit kalten, durchgefrorenen Füßen kam er vor dem Pflegeheim an. Sofort wollte er ins Schwesternzimmer sausen, um seine Gabe freudestrahlend zu überbringen. Als er jedoch das Gebäude betrat, kroch sofort ein einladender Geruch von duftendem Tee und frischen Weihnachtskeksen in seine Weihnachtsengelnase. „Mhhmm, mhhmm…“, schnupperte Guido und ging diesem süßen Duft nach. Am Ende des langen Ganges machte er halt. Dort, im großen Festsaal, hatten sich tatsächlich fast alle Heimbewohner versammelt, saßen in kleinen Gruppen an Tischen, tranken Tee, aßen Kekse und lauschten Weihnachtsliedern, die aus einem kleinen, alten Radio hervorkamen. Die Qualität war zwar nicht berauschend, aber die Senioren machten dies durch eifrigen Gesang wett.
„Oh, so gute Kekse…lecker…“, murmelte Weihnachtsengel Guido, der sich einstweilen hinter einer schweren, dunklen Gardine versteckt hatte, und fühlte, wie ihm das Wasser im Mund zusammenlief. Das war vielleicht ein Dilemma, denn Guido liebt Weihnachtskekse über alles, konnte aber jetzt nicht einfach so in den Festsaal stolzieren und mitnaschen. Als Weihnachtsclownengel durfte er doch nicht gesehen werden. Sehnsüchtig blickte Guido auf die großzügig bestückten Keksteller und wollte sich schon wieder langsam davonschleichen, als er etwas hörte.
„Psst, psst… ich weiß, dass du da bist“, hörte Guido eine kratzige, einladende Stimme flüstern. Eine ältere Dame im Rollstuhl hatte den Weihnachtsengel tatsächlich wahrgenommen. „Meine Augen sind zwar schon schlecht, aber ich höre wie ein Luchs“, kicherte die Dame im Rollstuhl. „Ich bin der Weihnachtsengel Guido und hätte gerne ein paar Kekse“, vertraute ihr Guido an und sah, wie die Dame im Rollstuhl vorsichtig den großen Teller Weihnachtskekse, der auf ihrem Tisch stand, unter die Gardine schob. „Ohhhh…“, war der Weihnachtsclownengel ganz entzückt und machte sich sofort über die selbst gebackenen Köstlichkeiten her. Im Nu war der Teller leer und Guido schob ihn zurück zur alten Dame. „Danke“, flüsterte Guido ihr zu und sah, wie zeitgleich ein weiterer, randvoller Teller Kekse zu ihm hinter die Gardine wanderte. Die Dame im Rollstuhl hatte sichtlich Freude am großen Keksehunger des Weihnachtsengels und lächelte vergnügt vor sich hin.
„Frau Huber, sie haben aber heute einen gesegneten Appetit. Schmecken Ihnen unsere Kekserln?“, wollte eine verdutzte Pflegerin wissen, als sie den bereits achten, großen Keksteller auf den Tisch der Seniorin stellte. „Ja, man weiß nie, wann man wieder so etwas Gutes bekommt“, antwortete Frau Huber mit einem schelmischen Gesichtsausdruck, wartete bis die Pflegerin zum nächsten Tisch gegangen war und schob Guido den achten Keksegang hinter die Gardine.
Als die Seniorenfeier schließlich zu Ende ging, es dunkel wurde und alle Senioren wieder auf ihre Zimmer gebracht wurden, war tatsächlich kein einziger Keks mehr übrig. Alles aufgegessen. „Also, wenn das kein gutes Weihnachtsfest und kein gutes Neues Jahr wird, dann wissen wir auch nicht mehr. Alle Teller blitzeblank, kein einziger Brösel übrig“, war das Küchenpersonal mächtig stolz.
Einzig auf dem Tisch, an dem Frau Huber gesessen hatte, stand ein großes, goldenes Paket mit einer glitzernden roten Schleife und einem Geschenkskärtchen. „Für alle Menschen im Krankenhaus und Pflegebereich, die jeden Tag Großartiges leisten. Danke und Frohe Weihnachten, euer Weihnachtsclownengel Guido“