Ansichten eines Clowns

24.Juni 2022
  • ROTE NASEN Interviews

… oder besser gesagt zweier langjähriger ROTE NASEN Clowninnen: Doris Ehrenreich alias Irmi aus Niederösterreich und Gabriela Fuchs alias Wilma aus Tirol geben Einblick in ihren ganz „normalen“ Corona-Clownalltag.

Das zweite Jahr der Pandemie – wie war die Arbeit als ROTE NASE 2021?

Gabi: Es war wie für alle Menschen eine sehr herausfordernde Zeit. Bei den Clowneinsätzen mussten wir oft sehr spontan und flexibel sein.

Doris: Genau, denn es gab von Haus zu Haus, oft sogar von Station zu Station unterschiedliche Richtlinien einzuhalten. Aber im Allgemeinen war es einfach ein großes Privileg, dass wir wieder in die Spitäler und Pflegewohnhäuser kommen durften.

Gabi: JA! Man spürt auch überall die Hoffnung und den großen Wunsch, dass wieder mehr Nähe möglich ist.

 

Inwiefern hat sich eure künstlerische Tätigkeit verändert?

Gabi: Das Arbeiten mit der Maske ist schon sehr erschwerend, es verändert den gesamten Auftritt, da die Mimik wegfällt.

Doris: Es ist auch anstrengender und man kommt mehr ins Schwitzen.

Gabi: Wir haben aber künstlerisch neue Wege gefunden, wo die Körperarbeit mehr im Vordergrund steht und zum Einsatz kommt.

Doris: Ja, das habe ich hautnah erlebt bei einem schwerhörigen Jungen. Er hat ursprünglich immer Lippen gelesen und das konnte er natürlich wegen unserer Masken nicht mehr. Wir mussten uns also sofort umstellen und unsere Kommunikation hat nonverbal und über den Körper stattgefunden. Wir haben eine Slapstick Einlage mit seinem Namensschild gemacht. Es ist immer hinuntergefallen, ich wollte es wieder anbringen, das ist mir leider nie gelungen und aus diesem Chaos wurde dann ein Riesenspaß.

Gabi: Das Zusammenspiel mit dem Partner/der Partnerin ist noch wichtiger geworden. Denn die Interaktion mit den Patient*innen war ja lange Zeit gar nicht möglich bzw. durfte man auch nichts angreifen etc., da wurde das Clownduo wieder viel wichtiger.

 

Neben dem Spiel mit der Maske, welche Herausforderungen bei einem Clownbesuch erlebt ihr derzeit noch?

Doris: Gerade in den Pflegewohnheimen merkt man, dass die Senior*innen in den letzten zwei Jahren sehr wenig Kontakt nach außen hatten. Sie möchten uns die Hand geben, möchten mit uns plaudern. Sie haben auch vielfach Hörschwierigkeiten und die Maske und der Abstand, den wir einhalten müssen, machen die Situation nicht einfacher. Die Bewohnner*innen suchen dadurch oft noch mehr Nähe zu uns und es ist schwierig das abzulehnen und immer Distanz zu wahren. Ich habe die Hoffnung, dass wieder mehr Normalität einkehrt und wir wieder wie früher arbeiten können.

Gabi:  Die Stimmung ist generell angespannter, man merkt den Leuten an, dass sie durch eine herausfordernde Zeit gehen. Aber sie sind auch froh über die Ablenkung und so braucht es nicht viel, damit die Stimmung besser wird. Oft reichen ein Lied oder eine Geschichte aus – und wenn wir dann den Raum verlassen, merken wir, dass sich etwas zum Positiven verändert hat, das ist dann besonders schön.

Haben sich die Reaktionen auf eure Besuche wesentlich verändert? Wie reagieren die Patient*innen, aber auch das Personal auf euch?

Gabi: Man spürt, dass die Leute, ob groß ob klein, ganz bedürftig sind nach Normalität, nach Humor, nach etwas, das lustig ist in dieser schwierigen Zeit. Sie freuen sich, wenn zwei Clowns kommen und Leichtigkeit bringen. Wir hören noch viel öfter: Schön, dass ihr da seid! Die Herzlichkeit mit der wir aufgenommen werden ist sehr berührend.

Was das Personal betrifft, habe ich auch den Eindruck, dass wir noch mehr dazu gehören. Und auch das Personal ist sehr hungrig nach Humor, nach Musik, nach etwas Ablenkung. Wir werden oft gebeten, Lieder zu spielen, ein bisschen zu bleiben. Wir merken bei jedem Einsatz: Humor ist nötiger denn je!

Doris: Viele Pfleger*innen nutzen die Begegnungen mit uns auch, um uns zu erzählen, wie es ihnen geht, sie können ein bisschen Ballast loswerden. Ich habe das Gefühl, dass die Arbeit für das Personal noch stressiger geworden ist, dass noch mehr Druck da ist, vor allem im Pflegebereich.

 

Haben sich durch die Pandemie neue Tätigkeitsfelder für euch ergeben?

Doris: Als alle Einrichtungen geschlossen waren, wurden die Online Clownbesuche aufgebaut, als die Häuser dann nach und nach wieder Besuche erlauben konnten, lag ein Fokus auf dem Spielen von Shows. Weil wir nicht direkt zu den Leuten gehen durften, haben wir vor allem viele Gartenshows gespielt. Wir haben auch Konzerte mit Musik aus der Dose inszeniert, da auch das Singen eine Zeit lang verboten war.

2021 haben wir in Wien dann begonnen in der Impfstraße im Austria Center Vienna zu arbeiten. Dort waren natürlich auch Kinder, die Stress hatten und Angst vor der Impfung. Es war schön zu sehen, dass wir etwas bewirken können. Immer wieder sind auch die Impfer*innen oder die Eltern auf uns zugekommen und haben uns gebeten, sie zu unterstützen. Wir haben die Kinder dann begleitet, spielerisch bei ihnen Mut aufgebaut und oft wurde die Stimmung entspannter und die Kinder waren lockerer bevor sie zur Impfung gegangen sind.

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